Warum ist die „Mathebrücke“ wichtig?

Einfach gesagt: Weil die Anforderungen an den Menschen in dieser modernen Welt in atemberaubender Geschwindigkeit zunehmen und wir es uns nicht leisten können, auch nur ein Talent unentdeckt zu lassen.
Mit diesem Projekt wird allen Kindern eine ihrer Intelligenz angemessene Entwicklung ermöglicht.

Kinder des St.Petrus Kindergartens Wolfsburg stellen der ehemaligen
Familienministerin Ursula von der Leyen Inhalte aus der Mathebrücke vor.
"Das könnt ihr schon?"


Dass weit über die Hälfte aller Studenten der Mathematik oder der Ingenieurswissenschaften bereits nach wenigen Semestern aufgrund der Anforderungen im Fach Mathematik ihr Studium abbrechen, muss als Alarmsignal gesehen werden. Dem Wissen folgend, dass bereits im frühkindlichen Alter die Grundlagen für die spätere schulische und berufliche Qualifikation gelegt werden, habe ich 1992 das „Modulare Raum-Körper-Erfahrensprogramm“ entwickelt, das 1993 erstmals in einer Projektwoche mit allen Schülern in der Grundschule Hedemünden sehr erfolgreich erprobt wurde. In den folgenden 15 Jahren führte ich etwa 6000 Stunden Einzeldiagnostik zum Thema Grundlagen der Mathematik mit 1746 Schüler/Innen vorwiegend im
Grundschulalter durch, die mir aufgrund ihrer Mathematikschwäche vorgestellt wurden.

Die Liste der ermittelten Symptome ist lang. Besonders auffällig ist, dass

• sich nur etwa 35% der Kinder über Zusammenhänge von Strecken, Flächen und Raum genügend bewusst waren;
• etwa 18% eine automatisierte Gruppenbildung nachwiesen und 82% Mengen deshalb grundsätzlich über Zählstrategien ermittelten;
• nur 10% alle Zahlzerlegungen im Zahlenraum bis 10 automatisiert bearbeiten konnten;
• etwa 10% vorteilhafte Rechenstrategien automatisiert nutzten und  90% Ergebnisse von Operationen vorwiegend über Zählstrategien ermittelten;
• etwa 43% Schichtungen erkennen konnten und sich 57%, da sie das Schichtungsprinzip nicht verinnerlicht hatten, verdeckte Bauteile gar nicht oder nur erschwert vorstellen konnten;
• nur etwa 17% genügende Planungs- und Handlungskompetenzen nachwiesen
• Zusammenhänge zwischen den 4 Grundrechenarten, besonders von Vervielfachungen und Teilungen als Vorstellungsbilder von nur 16% der Kinder automatisiert verbalisiert und/oder dargestellt werden konnten;
• etwa 18% einen automatisierten Gleichungsbegriff nachwiesen und die Anderen das Gleichheitszeichen als „Ist-Zeichen“ bezeichneten (danach kommt das Ergebnis);
• das Erkennen und Entwickeln von Mustern und Rhythmen in sehr unterschiedlicher Art und Weise etwa der Hälfte der Kinder  sehr schwer fiel;
• ganz allgemein das Entwickeln von tragfähigen, überschaubaren Vorstellungsbildern für fast alle sehr schwer war.

Je nach Alter ist es den Kindern und Jugendlichen über Hilfs- und Fehlstrategien mal mehr, mal weniger mühsam gelungen, ihre Kompetenzen auszubauen und Defizite zu kompensieren.
Ein großer Teil entwickelte Vermeidungsstrategien („hatte also die Fenster für Mathematik geschlossen“).
Die grundlegenden Erkenntnisse, die sich aus den  Beobachtungen und Erfahrungen in Zusammenarbeit mit den Schulen ergaben, machten deutlich, dass spezifische Vorläuferkompetenzen bereits im Kindergarten gefördert werden müssen.

Daraufhin wurde die Zusammenarbeit mit den Kindertageseinrichtungen intensiviert. 2004 konnte das Vorschulprojekt „die Mathebrücke“ erstmalig in den Kindertagesstätten Leinde und Adersheim durchgeführt wer den.
Die Rückmeldungen aller beteiligten Lehrer in den folgenden Jahren waren positiv und bestärkten mich darin, das Mathevorschul- sowie das Grundschulprojekt weiter zu entwickeln.
Seitdem konnte in 23 Kindertagestätten vornehmlich im Raum Wolfsburg das Projekt durchgeführt werden. Zur Zeit nehmen 3 Kindertagesstätten daran teil. Zusätzlich findet ein Modellunterricht in der Erich-Kästner-Grundschule in Wolfsburg statt, der die optimale Vermittlung und Vertiefung mathematischen Grundschulwissens zum Ziel hat, damit möglichst viele Kinder gründlich auf die höhere Mathematik vorbereitet sind.

Viel bedeutender, als die vielfältigen Symptome später zu behandeln, ist das frühzeitige Vorbeugen.
Dadurch, dass die vorhandenen Lernvoraussetzungen und damit die Lernausgangslagen der Kinder verbessert werden,können vermehrt tragfähige fundamentale Strukturen für die Entwicklung
eines erweiterten mathematischen Verständnisses gebildet werden.